Berücksichtigung der vorhandenen Pegelmessungen, ggf. Erweiterung um eigene Messungen und Daten von historischen Hochwasserereignissen
Das Hexental stellt nicht nur landschaftlich, sondern auch geologisch eine Besonderheit dar. Hier grenzen die Sedimentschichten des Juras am Schönberg an die Gneise und Granite des Schwarzwaldes . Unterschiedliche Bodenbildung sowie Verwitterungs- und Abtragungsvorgänge (Erosion) sind die Folge.
Diese Unterschiede haben konkrete Auswirkungen auf die Versickerungsraten, die Speicherkapazität und somit unmittelbar Einfluss auf die Abflussbildung und den Verlauf von Hochwasserscheitelwellen.
Neben den unterschiedlichen geologischen Ausgangsbedienungen im Hexental erfordert die besondere topografische Lage des kleinräumigen Hexentals[1] hinter der Vorbergscholle des Schönbergs - der je nach Wetterlage einen abschirmenden Regenschatten oder eine kanalisierende Wirkung hervorruft – eine differenzierte Modellbildung.
Diese komplexen Zusammenhänge sind in einem kleinräumigen Gebietmit unterschiedlichen geologischen Ausgangsbedingungen schwierig zu modellieren, bzw. es ist bei den berechneten Hochwasserganglinien mit einer hohen Unsicherheit zu rechnen. Inwieweit das aktuell vorliegenden Niederschlag-Abflussmodell (NA-Modell) diese Verhältnisse berücksichtigt ist aus Sicht der BI LVHH äußerst fraglich.
Unabhängig vom verwendeten Modellierungsverfahren sollen die errechneten maximalen Scheitelabflusswerte kalibriert werden, also idealerweise mit den an einemvorhandenen Beobachtungspegel erfassten Abflusswerte geeicht werden. Ein solcher Pegel, bei dem eine lange Aufzeichnungsreihe vorliegt bzw. zumindest einige markante Starkniederschläge erfasst sind, wurde im Hexental trotz der seit Jahrzehnten bekannten Hochwassergefahr nicht installiert.
Um die aktuell berücksichtigten Modell-Abflusswerte für das Hauptgewässer Dorfbach/Reichenbach bzw. die einzelner Teileinzugsgebiete dennoch kalibrieren (eichen) und somit die Realitätsnähe des Modells erkennen zu können, wäre es angezeigt vorliegende gemessene bzw. anderweitig abgeleitete Abflusswerte heranzuziehen.
Eine weitere Möglichkeit, die Realitätsnähe der prognostizierten Hochwasserabflüsse zu prüfen, besteht darin, historische Hochwasserereignisse und deren Pegelstände mit den Modellannahmen zu vergleichen. Hierzu wurden von Seiten der beauftragen Hydrologen bislang Fotos der Hochwässer von 1994 und 1999 ausgewertet (Mitteilung Hr. Neff (Büro Ernst & Co.) bei der Bürgerinformationsveranstaltung in Merzhausen am 16.4.2012). Wie die Auswertung dieser nur sporadisch vorliegenden Daten im Detail erfolgte, zu welchen Ergebnissen sie geführt hat und wie diese dann ggf. mit den Modelldaten in Übereinstimmung gebracht wurden, ist in keinem Gutachten erläutert.
Die ausführliche Dokumentation des Starkregenereignisses vom 09.10.2012 durch die BI LVHH, in welcher die Situation während des Durchflusses der Scheitelwelle entlang des Hauptgewässers vom HWRB Selzental bis zur nördlichen Gemarkungsgrenze von Merzhausen u.a. durch zahlreiche Fotos dargestellt ist, wurde von den zuständigen Hydrologen zwar als hilfreich bezeichnet; mit welchen Konsequenzen sie für das aktuell maßgebende NA-Modell verwendet wurde, ist der BI LVHH leider nicht bekannt.
In dieser Dokumentation sind die maximalen Wasserstandshöhen für einige Gewässerquerschnitte und Hochwasserrückhaltebecken angegeben. Auch die verlässlichen Niederschlags- und Pegelmessungen aus der unmittelbaren Umgebung sind dort aufgeführt. Dieses relativ starke Hochwasserereignis dürfte durch die vorgelegte Dokumentation mit Sicherheit weit besser dokumentiert sein als die o.g. Hochwässer von 1994 und 1999 und sollte aus Sicht der BI LVHH als Möglichkeit das NA-Modell zu kalibrieren herangezogen werden.
[1] So wird z.B. im Leitfaden zur „Festlegung des Bemessungshochwassers für Anlagen des technischen Hochwasserschutzes“ (LfU, 2005) empfohlen, bei sehr kleinen Einzugsgebieten oder in Bereichen mit starkem Einfluss von Rückhaltemaßnahmen auf die Anwendung der Hochwasserregionalisierung zu verzichten.